StrahlenschutzFokus Ausgabe 2022/4

Krebsfrüherkennung mit Röntgenstrahlung: Sicher mit dem BfS

Bessere Heilungschancen durch Früherkennung? Mit Röntgenbildgebung kann Krebs in einem frühen Stadium entdeckt werden. Startet eine eingeleitete Therapie frühzeitig, kann das die Heilungschancen erhöhen. Zur Früherkennung von Brustkrebs wird beispielsweise die Mammographie eingesetzt. Aber: Von Röntgenstrahlung geht auch ein Gesundheitsrisiko aus. Deswegen bewertet das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sorgfältig Nutzen und Risiko einer Röntgenuntersuchung zur Krebsfrüherkennung. So könnte bald die Früherkennung von Lungenkrebs mit Hilfe der Niedrigdosis-CT eingesetzt werden. Was es mit beiden Früherkennungsuntersuchungen auf sich hat und wie das BfS sie bewertet, erfahren Sie in dieser Story.

Früherkennungsverfahren: Mammographie

Ida Kemper-Lohmann und ihre Schwester Laura sitzen im Wartezimmer einer radiologischen Praxis. Lauras Partnerin Silke arbeitet dort als medizinisch-technische Radiologie-Assistentin (MTRA). Ida ist 50 Jahre alt und hat kürzlich ihre erste Einladung zur Teilnahme am Mammographie-Screening-Programm erhalten. Die Röntgenuntersuchung zur Früherkennung von Brustkrebs verunsichert sie. Laura begleitet ihre Schwester als Vertraute. Sie arbeitet als Wissenschaftlerin beim BfS und kennt sich mit dem Thema aus.

Die MTRA Silke kommt ins Wartezimmer und begrüßt die beiden: „Hallo, schön, dass ihr da seid. Ida, ich begleite dich heute durch die Untersuchung und bin für dich da.“

Ida: „Hallo, das ist lieb von dir. Ist schon komisch, sich untersuchen zu lassen, obwohl man sich nicht krank fühlt. Silke: „Das verstehe ich. Aber die Mammographie zur Brustkrebs-Früherkennung hat sich bewährt.“

Ida: „Ist es nicht ein Risiko, mit Röntgenstrahlung nach Krebs zu suchen? Schließlich geht doch von jeder Strahlenexposition selbst eine Krebsgefahr aus.“ Laura: „Keine Sorge. Es gibt ein Risiko – aber das ist sehr gering. Das BfS überprüft regelmäßig, ob eine Früherkennungsmethode mittels Röntgenstrahlung gerechtfertigt ist oder nicht – und für welche Zielgruppe. Erst wenn das BfS solche Früherkennungsverfahren geprüft und positiv bewertet hat, können sie vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zugelassen werden. Das gilt auch für das Mammographie-Screening-Programm.“

Silke: „Bei Brustkrebs sind die Heilungschancen besser, wenn er früh erkannt wird. Ziel des Mammographie-Screening-Programms ist es ja, dass weniger Frauen an Brustkrebs versterben – dann übersteigt der Nutzen das Risiko.“

Ida: „Gilt das nicht für jede Krankheit?“ Silke: „Leider gibt es nicht für jede schwere Krankheit die Möglichkeit der Früherkennung. Zudem ist die frühzeitige Entdeckung einer Krankheit nicht in jedem Fall gleichbedeutend mit besseren Heilungschancen. Zum Beispiel dann, wenn die bestehenden Therapien nicht erfolgversprechend sind.“

Früherkennung mit Röntgenstrahlen: Nutzen und Risiko

Ida: „Was hat es denn mit dem Nutzen und Risiko auf sich?“ Laura: „Diese Abwägung von Nutzen und Risiko ist besonders wichtig, weil Personen untersucht werden, die keine Krankheitssymptome haben und mit der Mammographie ein Strahlenrisiko auf sich nehmen – so wie du.“

Ida: „Und wie wird das geprüft?“ Laura: „Das Prüfungsverfahren umfasst zwei Schritte: erstens eine Vorprüfung. Da schaut das BfS, welche Methoden sich prinzipiell zur Früherkennung eignen. Schritt zwei ist die ausführliche Begutachtung. Dort wird das Verfahren wissenschaftlich bewertet und es werden eben auch Nutzen und Risiko gegeneinander abgewogen.“

Silke: „Und der Nutzen der Mammographie bei der Brustkrebsfrüherkennung ist belegt. Internationale Studien ergaben eine Verringerung des Risikos, an Brustkrebs zu sterben. Von 1.000 Frauen, die am Mammographie-Screening-Programm teilnehmen, werden zwei bis sechs von ihnen vor dem Tod durch Brustkrebs bewahrt. Das Strahlenrisiko hingegen ist so gering, dass der Nutzen das Risiko um ein Vielfaches überwiegt.“

Ida: „Ihr habt mich überzeugt! Wann bin ich endlich dran?“ Silke: „Wie schön, dann geht es jetzt los!“

Silke und Ida gehen in den Röntgenraum. Für die Untersuchung werden Idas Brüste einzeln nacheinander zwischen zwei Plexiglasplatten komprimiert. Silke fertigt pro Brust zwei Röntgenaufnahmen aus zwei unterschiedlichen Richtungen an. So wird die diagnostische Aussagekraft verbessert.

Das Zusammendrücken ihrer Brüste fühlt sich für Ida etwas unangenehm an, aber die Untersuchung ist schnell vorbei. Silke: „So, das war es auch schon. Du kannst dich wieder anziehen. Die Röntgenaufnahmen schicken wir jetzt an zwei speziell geschulte Radiolog*innen. Sie werten die Bilder unabhängig voneinander aus. Innerhalb von circa sieben Werktagen bekommst du dein Ergebnis mit der Post nach Hause.“

Zurück im Wartezimmer. Laura: „Und, ist alles gut gegangen?“

Ida: „Ja. Es war schnell vorbei. Da fällt mir ein: Gibt es eigentlich noch andere Früherkennungen, die für mich infrage kämen?“

Silke: „In radiologischen Praxen aktuell nicht. Aber es wäre schön, wenn es noch mehr solcher Angebote gäbe. Bei bestimmten Krebsarten könnte die Früherkennung mit Röntgenverfahren hilfreich sein.“

Laura: „Eine Arbeitskollegin vom BfS hat mir erzählt: Sie und weitere Expert*innen haben einen wissenschaftlichen Bericht über die Früherkennung von Lungenkrebs abgeschlossen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass langjährige Raucher*innen im Alter von 50 bis 75 Jahre und Ex-Raucher*innen, die lange geraucht haben, einen Nutzen davon haben, mithilfe der Niedrigdosis-Computertomografie auf Lungenkrebs untersucht zu werden.“

Neues Verfahren: Die Niedrigdosis-CT

Silke: „Lungenkrebs früher zu erkennen, wäre sehr wichtig. Er hat oft eine ungünstige Prognose, weil er meist erst in einem späten Stadium entdeckt wird.“

Laura: „Meine Kolleg*innen haben herausgefunden, dass durch Lungenkrebsfrüherkennung mit Niedrigdosis-Computertomographie die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu sterben, um 15 bis 20 Prozent verringert werden kann. Der Nutzen übersteigt das Strahlenrisiko.“

Ida: „Und warum heißt es Niedrigdosis-Verfahren?“ Silke: „Weil die Dosis viel niedriger ist als bei einer regulären CT. Bei einer normalen CT-Untersuchung der Lunge sind es ungefähr 2 bis 6 Millisievert (mSv). Die Dosis der Niedrigdosis-CT für die Früherkennung von Lungenkrebs liegt dagegen bei unter 1 mSv.“

Laura: „Zum Vergleich: Wir sind jeden Tag natürlicher Strahlung ausgesetzt, durch unsere Ernährung sowie kosmische und terrestrische Strahlung. Da kommen in Deutschland durchschnittlich etwa 2 mSv pro Jahr zusammen. Fliegen wir zum Beispiel von Frankfurt nach New York und zurück, sind wir bis zu 0,05 mSv ausgesetzt.“

Laura: „Das BfS liefert auch hier die wissenschaftliche Grundlage für die Entscheidung des Bundesumweltministeriums, ob die Niedrigdosis-CT zur Früherkennung zugelassen wird, oder nicht. Das wird sehr genau geprüft. Schließlich gibt es wie bei jeder Untersuchung auch Überdiagnosen und falsch-positive Befunde.

Ida: „Diese Niedrigdosis-CT ist doch was für meinen Mann Frank! Der hat lange stark geraucht und erst vor kurzem aufgehört. Und über 50 ist er auch!“ Silke: „Kann er dann einfach so zum Arzt gehen und die CT zur Früherkennung durchführen lassen?“ Laura: „Derzeit ist eine Untersuchung zur Früherkennung von Lungenkrebs noch nicht erlaubt. Daran wird aber gearbeitet.“

Weg bis zur Einführung eines Früherkennungsverfahrens

Ida: „Was muss denn überhaupt passieren, damit eine Früherkennungsuntersuchung eingeführt wird?“ Laura: „Auf Grundlage des wissenschaftlichen BfS-Berichts wird im BMUV entschieden, ob die Früherkennung zugelassen wird. Danach können dann Ärzt*innen bei den Ländern Genehmigungen beantragen.“ Silke: „Dann werde ich das meiner Chefin gleich mal erzählen.“

Röntgenuntersuchungen zur Früherkennung schwerwiegender Erkrankungen bergen Chancen auf Heilung – aber auch Risiken. Für das BfS steht die Gesundheit der Menschen im Vordergrund: Sie sollen den größtmöglichen Nutzen haben, bei einem möglichst geringen Risiko. Dafür sorgen die Mitarbeiter*innen des BfS mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit.