StrahlenschutzFokus Ausgabe 2022/3
UV-Strahlung und Klimawandel – wie schützen wir unsere Gesundheit besser?
Sonne, UV-Strahlung, Hautkrebs: Der Klimawandel beeinflusst auch in Deutschland die UV-Strahlung. Das erhöht das Risiko, z. B. an Hautkrebs zu erkranken. Zudem wird das Risiko für UV-bedingte Erkrankungen nach aktuellen Analysen der Klimafolgen noch steigen. Es ist daher wichtig, Sonnenschutz jetzt gesellschaftspolitisch zu verankern. UV-reduzierende Maßnahmen müssen deshalb Teil der Klimaanpassungsstrategien sein. Denn nur, wenn der steigenden UV-Belastung entgegengewirkt wird, kann UV-bedingten Erkrankungen vorgebeugt werden. Wie UV-Strahlung und Klimawandel zusammenhängen, wie sich dies auf unsere Gesundheit auswirken könnte und wie wir uns vor UV-bedingten Erkrankungen schützen können, erfahren Sie in dieser Story.
UV-Strahlung und Klimawandel
Ein Abend im April bei Familie Kemper-Lohmann. Die Kinder Max und Lisa packen ihre Sachen für die Schule. Sonnenschutz darf nicht fehlen – ist aber nicht aufzufinden. Ihre Mutter Laura sucht die Sonnencreme, Lisa sucht ihre Sonnenbrille und Max sein langärmeliges T-Shirt.
Sonnenschutz
Augen und Haut mit geeigneten Schutzmaßnahmen vor UV-Strahlung schützen, beugt UV-bedingten Erkrankungen vor – auch dem Hautkrebs. Sonnenschutz ist vor allem für Kinder sehr wichtig, denn ihre Haut und Augen sind empfindlicher als die von Erwachsenen. Allerdings kann nur dann ein effektiver UV-Schutz gelebt werden, wenn auch die Lebensbedingungen der Menschen einen solchen UV-Schutz bieten. Beispielsweise sollten alle Schatten finden, wenn sie Schatten suchen.
Sonnenschutzmaßnahmen sind:
- Vermeidung von zu viel UV-Strahlung
- Schutz der Haut durch Kleidung, Kopfbedeckung und Schuhe
- Schutz der Augen durch eine gute Sonnenbrille
- Eincremen der unbedeckten Haut mit Sonnenschutzmittel
Laura ist Sonnenschutz sehr wichtig. Als Forscherin beim BfS weiß sie, wie gefährlich UV-Strahlung sein kann. Schon ab März, wenn ein UV-Index 3 erreicht und überschritten wird, ist Sonnenschutz nötig. Auf dem Schulhof stehen kaum Bäume oder andere Schattenspender – die Kinder können beim Spielen dann schnell einen Sonnenbrand bekommen.
Das Risiko, durch UV-Strahlung zu erkranken, ist ohne Sonnenschutz hoch. In Lauras Kindheit war das Bewusstsein dafür noch nicht so stark vorhanden. Kaum ein Urlaub ohne Sonnenbrand. Die Folgen davon tauchen oft erst Jahre später auf. Das erlebt auch die Familie Kemper-Lohmann gerade: Bei Laura wurde beim Hautkrebs-Screening eine verdächtige Stelle gefunden. Davon wurde eine Probe ins Labor geschickt. Nun machen sich alle große Sorgen.
Laura liest die Twittermeldung vom BfS @strahlenschutz vor: „Niedrig-Ozon-Ereignis! Der UV-Index steigt auf 6. Achtung beim Aufenthalt draußen.“ UV-Index 6 ist ein ungewöhnlich hoher Wert im April. Laura: „So hohe UV-Werte im April. Das hat mit dem Klimawandel zu tun.“
Silke: „Wie hängen denn Klimawandel und UV-Strahlung zusammen?“ Laura: „Durch den menschengemachten Ozonabbau erhöhte sich weltweit die UV-Bestrahlungsstärke. Inzwischen scheint sich das wieder zu geben, weil die verantwortlichen Substanzen verboten wurden. Treibhausgase könnten dem aber entgegenwirken. Wenn Klimaschutz nicht greift, könnte darum die UV-Strahlung erhöht bleiben. Auch bei uns in Deutschland! Außerdem sind Treibhausgase mitverantwortlich für Niedrig-Ozon-Ereignisse. Das sind ozonarme Luftmassen, die für wenige Tage, wie im März oder April, über Deutschland hinwegziehen. Du kannst dir das wie eine Wolke vorstellen. Das führt zu unerwartet hohen UV-Bestrahlungsstärken.“
Niedrig-Ozon-Ereignisse
In den letzten Jahrzehnten treten vermehrt Ozonlöcher über der Arktis auf. Am Ende des Winters, mit Änderung der Wetterlage, können die ozonarmen Luftmassen daraus nach Süden driften. Diese driftenden, ozonarmen Luftmassen sind so genannte Niedrig-Ozon-Ereignisse, die auch Deutschland erreichen.
Eine geringere Ozonkonzentration in der Atmosphäre bedeutet einen höheren UV-B-Anteil in der UV-Strahlung, die die Erdoberfläche erreicht. Solche Niedrig-Ozon-Ereignisse können daher bereits Ende März bzw. Anfang April in Deutschland zu plötzlichen, unerwartet hohen UV-Bestrahlungsstärken führen. Also in einer Jahreszeit, in der niemand damit rechnet.
Niedrig-Ozon-Ereignisse sind gesundheitlich relevant, da sich dadurch das Risiko für UV-bedingte Erkrankungen erhöht – auch für Krebserkrankungen an Auge und Haut.
Silke: „Hat denn der Klimawandel noch weitere Auswirkungen auf die UV-Strahlung?“
Laura: „Ja! Über Deutschland steigt die Anzahl an Sonnenstunden. Das bedeutet mehr Zeit, in der UV-Strahlung ungehindert die Erdoberfläche – und unsere Körper – erreichen kann. Dadurch steigt die UV-Jahresdosis. Außerdem erhöht sich die Temperatur. Es gibt mehr Tage, an denen es richtig heiß ist, aber auch mehr Tage mit Wohlfühltemperaturen. Das beeinflusst unser Verhalten. An heißen Tagen bleiben wir eher in der kühlen Wohnung. Aber wenn es angenehm warm ist, verbringen wir mehr Zeit draußen und bekommen folglich mehr UV-Strahlen ab.
Dazu kommt: Wir setzen uns auch unfreiwillig UV-Strahlen aus, wenn wir keinen Schatten finden. Sei es im Park, in der Stadt oder auf dem Spielplatz. Überleg dir mal: Menschen, die im Freien arbeiten, können sich häufig überhaupt nicht vor UV-Strahlung schützen.“
Silke: „Also liegt es in unserer Verantwortung, uns vor UV-Strahlung zu schützen, oder?“ Laura: „Ja, auch! Es kommt aber auch darauf an, dass man zu intensiver UV-Strahlung aus dem Weg gehen kann – im Beruf wie in der Freizeit. Da ist auch die Politik gefragt.“
Anzahl Sonnenstunden
In den letzten Jahrzehnten steigt in Deutschland die Anzahl der Jahre mit auffällig vielen Sonnenscheinstunden.
Daten des deutschlandweiten UV-Messnetzes zeigen, dass sich in Jahren mit vielen Sonnenscheinstunden ebenfalls die Jahressumme der UV-Bestrahlungsstärke erhöht: In 2003 und 2018 beispielsweise lag diese Summe deutlich über dem 20-jährigen Mittel. Damit erhöht sich die mögliche jährliche UV-Belastung der Menschen.
Klimawandel und UV-bedingte Erkrankungen
Immer noch kein Anruf vom Hautarzt. Silke stellt derweil fest: „Dann hängen Klimawandel und UV-bedingte Erkrankungen auch zusammen.“ Laura: „Genau. Die Hautkrebs-Fälle aufgrund von UV-Strahlung haben in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen.“
Inzwischen erkranken im Jahr etwa 300.000 Menschen. Laut Statistischem Bundesamt starben etwa 4.000 Menschen in 2020 daran. Das sind 53 Prozent mehr als noch im Jahr 2000. Durch den Klimawandel droht sich jetzt die Lage noch zu verschlimmern. Das bedeutet: Die Prävention UV-bedingter Erkrankungen muss für die Politik Priorität haben und sie sollte entsprechende gesetzliche Regelungen treffen. Denn die steigenden Fälle von Hautkrebs belasten das Gesundheitswesen und das Allgemeinwohl erheblich.
Hautkrebs und Klimawandel
Schätzungen gehen davon aus, dass bei 1 Prozent weniger Ozon in der Atmosphäre die Fälle von schwarzem Hautkrebs um bis zu 2 Prozent steigen könnten. Für den hellen Hautkrebs könnten es bis zu 4,6 Prozent sein. Modellrechnungen lassen erkennen, dass ein globaler Anstieg der Umgebungstemperatur um 2 °C die Hautkrebserkrankungsrate (Inzidenz) erhöhen könnte – es wird von einer Steigerung um 11 Prozent bis 2050 gesprochen. Studien auf Zellebene unterstützen diese Schätzung.
Wie gelingt Anpassung?
Silke: „Das sind schlimme Aussichten! Was können wir tun, um uns an die Folgen des Klimawandels anzupassen? Gibt es Strategien, um die UV-Belastung zu umgehen?“
Laura: „Zum einen können wir unser Verhalten ändern. Das heißt, dass wir uns mit einfachen Maßnahmen selbst vor der Sonne schützen. Wir können langärmelige Kleidung tragen, uns mit Sonnencreme einreiben, eine Sonnenbrille aufsetzen und so weiter. Das nennt man Verhaltensprävention. Zum anderen müssen unsere Lebensbedingungen so verändert werden, dass wir hohen UV-Belastungen aus dem Weg gehen können. Dazu gehört, die UV-Belastung gut sichtbar, z. B. im Freibad, anzuzeigen, Schattenplätze einzurichten und Aktivitäten im Freien auf Zeiten verschieben zu können, in denen die UV-Strahlung nicht so stark ist. Das nennt sich dann Verhältnisprävention.“
Silke schmunzelt: „Oder wir vermeiden die Sonne komplett!“ Laura: „Nein, das ist auch nicht gesund. Verhaltens- und Verhältnisprävention müssen sich sinnvoll ergänzen. Wie soll man in den Schatten gehen, wenn es keinen Schatten gibt? Diese Strategien sollen jedem ermöglichen, zu jeder Zeit bewusst mit UV-Strahlung umzugehen. Und die verhältnispräventiven Maßnahmen müssen landesweit eingerichtet werden. Da spielt die Politik auf Bundes- und Länderebene eine wichtige Rolle.“
Verhaltens- und Verhältnisprävention
Verhaltensprävention setzt beim Menschen an. Alle Maßnahmen der Verhaltensprävention zeigen, wie man sich am besten verhält, um das eigene gesundheitliche Risiko zu minimieren. Menschen aller Altersgruppen sollen dazu fähig sein, Gesundheitsrisiken zu erkennen und diese durch ihren persönlichen Lebensstil so gut wie möglich zu vermeiden. Letztendlich soll die Gesundheitskompetenz eines Jeden gesteigert werden. Das richtige UV-Schutz-Verhalten bringen Eltern und Pädagog*innen den Kindern am besten von klein auf bei.
Verhältnispräventive Maßnahmen sind alle Handlungen, die die Lebensbedingungen bzw. die Welt, in der die Menschen leben, derart verändern, dass diese Lebenswelten (u.a. Bildungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen) möglichst risikoarm gestaltet sind. Zur Reduzierung der UV-Belastung dienen leicht umsetzbare Maßnahmen: z. B. die UV-Bestrahlungsstärke für jeden sichtbar anzuzeigen und Schatten zu schaffen. Tätigkeiten im Freien können auf Zeiten verschoben werden, in denen die UV-Strahlung nicht so stark ist. Diese Maßnahmen helfen dabei, hohen UV-Belastungen ausweichen zu können. Verhältnispräventive Maßnahmen nachhaltig und deutschlandweit gerecht verteilt aufzubauen, ist Sache der Politik und bedingt auch eine Anpassung der Normen – z. B. für das Bauwesen – an die Folgen des Klimawandels.
Es gibt viel zu tun bei den verhältnispräventiven Maßnahmen. Zum Beispiel für Parks, Schulhöfe oder öffentliche Plätze sollten Städtebau-, Stadt- und Gebäudeplanung UV-reduzierende Maßnahmen von Anfang an mit bedenken. Es braucht Schulungsangebote für Multiplikator*innen wie Ärzt*innen, Erziehungs- oder Lehrkräfte. Das Thema „Schutz vor UV-Strahlung“ sollte in Lehr- und Ausbildungspläne aufgenommen werden. Die UV-Intensität muss weiterhin kontinuierlich gemessen werden. Der daraus berechnete UV-Index kann künftig gut sichtbar für alle Menschen in der Öffentlichkeit angezeigt werden: z. B. im Schwimmbad, im Gebirge auf den Hütten oder an den Seilbahnstationen. Der UV-Index sollte zudem in den Wetternachrichten veröffentlicht werden – gleichberechtigt neben der Anzeige von Temperatur, Wind oder Niederschlag.
Zudem sollen GIS-basierte Modellierungsprogramme entwickelt werden, die die mögliche UV-Belastung an bestimmten Orten berechnen können. Die Programme sollten dann auch zeigen, wie die UV-Belastung durch z. B. Bäume oder Markisen reduziert werden kann. Bau- oder Landschaftsplaner*innen können mit einem solchen Programm schattenspendende Maßnahmen optimal planen und an die Umgebung anpassen.
GIS-basierte Modellierungsprogramme
GIS ist die Abkürzung für Geographische Informationssysteme. Sie erfassen, bearbeiten, organisieren, analysieren und präsentieren räumliche Daten. Ein bekanntes GIS Programm ist zum Beispiel Google Maps.
Bei GIS-Modellen werden die Geodaten mit weiteren Informationen verknüpft – wie z. B. der Verkehrsauslastung auf Autobahnen oder in Städten oder die Temperatur in bestimmten Stadtteilen oder Landschaften.
Um die UV-Belastung darzustellen, müssen Geodaten eines Geographischen Informationssystems mit den Informationen über die UV-Bestrahlungsstärke verknüpft werden. Da die UV-Bestrahlungsstärke auf Stadtplätzen oder Außenbereichen von Kindergärten nicht nur durch Wolken beeinflusst ist, sondern auch durch Schattenwurf von Hausmauern oder Reflektionen von Hauswänden, ist die Erstellung eines solchen Programms äußerst komplex.
Einige Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, um UV-Belastung zu reduzieren, verabschiedete die Bundesregierung im Aktionsplan Anpassung III.
Jetzt handeln!
Das Telefon klingelt endlich. Es ist Lauras Hautarzt. Die Probe ist unbedenklich – zum Glück. Laura: „Da fällt mir aber ein Stein vom Herzen!“
Das ist nochmal gut gegangen. Aber jetzt wissen wir: Klimawandel und UV-Strahlung sind Ursache für Krankheit und sogar Tod. In den letzten 20 Jahren sind in Deutschland 80.000 Menschen an Hitze gestorben. An UV-bedingtem Hautkrebs verstarben seit 2000 rund 70.000 Menschen.
Bei Maßnahmen zur Klimaanpassung muss die UV-Belastung mitgedacht werden. Dies ist genauso wichtig wie die Klimaanpassungsmaßnahmen, die helfen sollen, andere gesundheitliche Folgen des Klimawandels zu minimieren. Einige UV-bezogene Maßnahmen, wie zum Beispiel Schattenplätze schaffen, helfen gleichzeitig gegen gesundheitsschädliche Hitzebelastung im Freien. So kann die Politik mit einer Maßnahme gleich gegen zwei Klimafolgen aktiv vorgehen.
Das BfS fordert: Jetzt die Maßnahmen zur Klimaanpassung umsetzen! Damit UV-Schutz für jeden selbstverständlich lebbar wird.
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